Die Kartäuser oder Cartujanos
Zu etwa dieser Zeit, nimmt zumindest der Legende nach, auch die Geschichte der Kartäuser Pferde, die lange als rassereine Zuchtlinie galten, ihren Lauf. Im Jahr 1476 vererbte ein Don Alvaro Obertus de la Valeto den Mönchen des Kartäuserordens etwas mehr als 40 Quadratkilometer Land vor den Toren der Stadt Jerez de la Frontera. Viele Autoren sind der Meinung, dass die Zucht der Kartäuserpferde etwa zum gleichen Zeitpunkt begann, zu dem die Mönche dieses Landstück übernahmen. Allerdings zitiert Juan Altamirano in seinem Buch “Historia y Origen del Caballo Espanyol (Geschichte und Herkunft des Spanischen Pferdes) alte Dokumente, aus denen hervorgeht, dass der Viehbestand des Klosters bei einer jährlichen Viehzählung im Jahr 1588 mit vier Pferden angegeben ist. Hätte es wie die Legende behauptet bereits eine florierende Kartäuserzucht gegeben, hätte Philipp II auf seiner dinglichen Suche nach besonders qualitätsvollen Pferden sicherlich Pferde aus dem später für seine Zucht so berühmtem Kloster gekauft: davon ist aber in keinem Dokument die Rede.
Wahrscheinlich hingegen ist, dass die Zucht der Kartäusermönche etwa um 1730 begann, als sie die Pferde eines Schuldners pfändeten: die von Pedro Picasso nämlich, der wiederum 1682 die Zucht der Gebrüder Zamora übernommen hatte. Die Zamoranos wie die Pferde dieser Zucht genannt wurden galten als besonders typ- und qualitätsvoll. Woher sie allerdings stammen ist nicht bekannt. Dementsprechend kann nicht wirklich guten Gewissens von der fünfhundertjährigen Reinzucht des Kartäuserpferdes gesprochen werden. In dem Fall ist sie sofern man überhaupt von Reinzucht sprechen kann erheblich jünger.
Nach dem Einmarsch der französischen Truppen im Jahre 1808 in Spanien ließ Napoleon überall wertvolles Zuchtmaterial requirieren um es zur Blutauffrischung in den heimatlichen Zuchten zu verwenden. Die Kartäusermönche brachten aber einen Groß ihrer Pferde aus züchterischer Sturheit oder Fanatismus in Sicherheit um ihnen dieses Schicksal zu ersparen und ihren wertvollen Pferdebestand zu retten was ihnen auch gelang. 1834 wurden alle kirchlichen Güter verstaatlicht und damit die Kartäusermönche aus Jerez schließlich doch gezwungen ihre Zucht “Kartäuser Pferd” oder “Cartujanos” aufzugeben. Die Mönche übergaben Teile ihres Gestehst an verschiedene Züchter aus der Gegend um Jerez de la Frontera.
Ein wesentlicher Teil des Kartäusergestüts soll im Jahre 1835 an Pater D. Pedro Jose Zapata y Caro verkauft worden sein den Gründer des Krankenhauses von Areos de la Frontera. Dieses Gestüt besaß den berühmten Kandarenbrand der bis heute existiert. Wie rein die Kartäuserzucht allerdings von Zapata weitergeführt wurde, ist nicht klar. Die Zapatas deckten die Kartäuserstuten auch mit Hengsten die sich bereits besaßen und die nicht aus der Zucht der Mönche stammten. 1854 übernahm Vincente Romero Garcia die Zucht der Zapatas der in einem Brief an seinen Freund und portugiesischen Hippologen Ruy d Andrade erzählt dass er die Zapateros wiederum mit Pferden Reiner Spanischer Rasse aus der immerhin sehr edlen ursprünglichen Zucht seines Vaters gekreuzt hätte. Vincente Romero fügte dem Kandarenbrand übrigens noch ein “C” hinzu: seither existieren also zwei alte Kandarenbrände . Für lange Zeit spielten vor allem diese Brände eine Rolle die Bezeichnung “Cartujanos” für die Andalusier dieser Blutlinie wurden nicht mehr verwendet. Der Kandarenbrand – mit oder ohne C – war und ist, ob der angeblichen legendären Qualität der Pferde die ihn tragen außerordentlich gefragt. Jüngere Zuchten, die diesen Brand benutzten waren Osborne Fernando de Terry, Isabel Merello Viuda de Terry sowie die Rumasa S.A. und heute die staatliche Gesellschaft Expasa.
Fernando de Terry gelangte 1949 in den Besitz des begehrten Brandzeichens, verstarb allerdings schon wenige Jahre später im Jahr 1952. Seine Witwe behielt den Brand noch bis 1981. Danach übernahm die Holding Rumasa S.A. das Gestüt, das nach deren Konkurs jahrelang zum Verkauf stand. Erst 1990 entschloss man sich die Kartäuserzucht offiziell als Kulturgut zu bewahren und gründete die staatliche Gesellschaft Expasa,die das Gestüt und den Brand übernahm. Nach Jahren des Niedergangs versuchte man heute unter wissenschaftlicher Leitung dem Gestüt neuen Glanz zu verleihen.


Auszug aus dem Buch von
Katharina von der Leyen
Thomas Kilper
Verlag BLV


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